Organisiert und kuratiert von Eva Egermann und Eliah Lüthi
Samstag 10. Oktober 2020, 11:00 – 21:00
***Hinweis: Veranstaltung findet ausschließlich online statt***
***Schrift- und Gebärdendolmetschung der Veranstaltung sind gewährleistet***

Bildbeschreibung: BILD 1, links, ist ein Farbfoto in Grau- und Brauntönen. Es zeigt eine verglaste Tür mit diversen Aufklebern zu Verboten und Regeln. Neben der Tür ein Schlid mit der großlettrigen Aufschrift: Schreiambulanz.
BILD 2, rechts, ist ein Stempelabdruck, der Hintergrund ist hellblau. Davon heben sich in weiss die groben Umrisse eines lächelnden Gesichts ab. Rechts oben hat der Kopf eine Lücke, in dieser sitzt ein Vogel, flugbereit.
Veranstaltungsbeschreibung
Seit jeher wird Menschen mit Behinderungen und psychiatriebetroffenen Menschen das eigene Wissen abgesprochen: Es wird als ‚unverständlich‘ oder ‚unvernünftig‘ abgewertet. Eine Art Unverständlichkeit oder Unvernünftigkeit wird oft auch künstlerischen Praxen zugeschrieben. Das schließt Menschen aus und schafft eine Trennung zwischen künstlerischen, aktivistischen und wissenschaftlichen Praktiken.
Wir wollen uns vernetzen und unsere eigene Verständlichkeit finden: in Softness/Sanftheit und Kollektiven.
In dieser eintägigen Veranstaltung frönen wir all unserer Kunst, Kultur und subversivem Wissen in den unterschiedlichsten Formen. Wir tauschen uns aus über kollektive und individuelle Praxen, über die tollen Sachen und auch Schwierigkeiten und Hindernisse auf dem Weg dahin. Der Tag beginnt mit dem Workshop Crip, the verb von Nina Mühlemann. Anhand des Theaterprojekts Criptonite werden wir eingeladen Zugänge als Teil künstlerischer Praxis zu denken. Der zweite Workshop von der Sickness Affinity Group (SAG) bringt Das erschöpfte mitfühlende Orakel von der Biennale Berlin nach Innsbruck. Die Abendveranstaltung beginnt mit der Vorstellung vom Crip Magazine und dem Buchprojekt beHindert und verRückt Worte_Gebärden_Bilder finden und mündet in einer Podiums- und Publikumsdiskussion.
Neben Präsentationen und Workshops geht es darum Gemeinsamkeiten, inhaltliche Motive und Strategien auszuloten. Das Ziel ist es verschiedene Szenen, Akteur_*innen und Diskurse weiter zu vernetzen.
Die Veranstaltung richtet sich an beHinderte & verRückte Kunst-, Kultur- und Wissenschaft*lerinnen (innerhalb und außerhalb universitärer Kontexte) und alle Interessierten.
Diese Veranstaltung ist inklusiv: Auch Menschen ohne attestierte Unvernunft sind eingeladen.
Barrierefreiheit: Dolmetschung
Barrierefreiheit: Schrift- und Gebärdendolmetschung der Veranstaltung ist gewährleistet. Bilder und weitere visuelle Elemente werden mit Audiodeskription beschrieben. Haben wir etwas vergessen? Weitere Fragen und Wünsche bezüglich Barrierefreiheit, bei oder vor der Anmeldung an uns richten.
Anmeldung
Wir bitten um verbindliche Anmeldung zu den Workshops unter der Emailadresse cripmagazine@gmail.com oder eliah.luethi@gmail.com (bis zum 08. Oktober)
Finanzierung und Kooperationen
Gefördert durch das Land Tirol im Rahmen von TKI open und ermöglicht durch die Kooperation mit dem Netzwerk Disability Studies Austria (DistA), dem LuF Disability Studies und Inklusive Bildung am Institut der Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck, dem Büro der Behindertenbeauftragten, dem Vizerektorat für Forschung und der barrierefreien digitalen Bibliothek bidok – behinderung inklusion dokumentation.
Ablauf
Die Veranstaltung dauert von 11:00-21:00.
11:00 Willkommen und technische Einführung
Eva Egermann und Eliah Lüthi
11:30-13:30 Vortrag/Workshop 1:
Crip, the verb (Nina Mühlemann, Zürich)
14:30-16:30 Vortrag/ Workshop 2:
Das erschöpfte mitfühlende Orakel (Sickness Affinity Group, Berlin)
17:30-18:00 Projektvorstellung Cripmagazine
Eva Egermann
18:00-19:00 Projektvorstellung beHindert & verRückt Worte_Gebärden_Bilder finden
Eliah Lüthi
19:30-21:00 Runder Tisch
zu transdisziplinären und kollektiven Praktiken zwischen Wissenschaft, Kunst und Aktivismus mit Nina Mühlemann (Criptonite), Sickness Affinity Group Berlin, Eva Egermann (Crip Magazine), Eliah Lüthi (Akademie der Unvernunft) und dem Publikum.
Workshop- und Personenbeschreibungen
Workshop von Nina Mühlemann (Zürich)
Crip, the verb
Akademische und kulturelle Institutionen sehen Zugang für Menschen mit Behinderungen oft nur als ein starres Einhalten von fixen Regeln. In einem spielerischen interaktiven Vortrag mit Fragerunde zeigt Nina Mühlemann anhand des Theaterprojekts Criptonite auf, wie Zugang ein Prozess und ein ästhetisches Mittel sein kann, und bespricht wie wichtig Räume sind, in denen Behinderungserfahrung zentriert wird.
Nina Muehlemann ist eine Künstlerin und Disability-Wissenschaftlerin. 2017 stellte sie ihre Doktorarbeit am King’s College London in Disability Studies und Theaterwissenschaften fertig. Von 2018 bis 2019 war sie künstlerische Co-Leiterin der Future Clinic for Critical Care, einem soziokulturellen animierten Theaterprojekt mit Vorstellungen an der Gessnerallee Zürich und dem Impulstanz Festival Wien. Seit 2020 leitet sie zusammen mit Edwin Ramirez das crip-queere Theaterprojekt Criptonite an der Gessnerallee Zürich.
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Workshop der Sickness Affinty Group (Berlin)
(vor Ort umgesetzt von Eva Egermann und Eliah Lüthi)
Das erschöpfte mitfühlende Orakel
Das erschöpfte mitfühlende Orakel ist eine kollektive Stimme, die Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen mit Krankheit, Behinderung oder Fürsorgearbeit unterstützt, wenn sie sich mit Zugänglichkeit und Arbeitsbedingungen herumplagen. Die Sickness Affinity Group möchte sich in Form des Orakels gemeinschaftlich den Fragen, Zweifeln, Begehren und Auseinandersetzungen zuwenden, die sich in institutionellen Abläufen an Themen wie Zugänglichkeit und intersektionaler Ausgrenzung entzünden. Das erschöpfte mitfühlende Orakel ist ein Format, in dem wir nicht nur gemeinsam Fragen aufwerfen, sondern auch unsere gelebte Erfahrung und unsere Perspektiven einbringen. Aus vielen Körpern möchten wir ein allwissendes, endlos mitfühlendes Orakel erschaffen. Während eines Nachmittags teilen wir unsere Erfahrungen und ermutigen uns gegenseitig, in einem festlichen und zugleich gemütlichen Rahmen. Es ist auch ein partizipatives Format: Du kannst deine Fragen wie auch deine Weisheit einbringen.
Für die Veranstaltung in Innsbruck wird die Sickness Affinity Group (SAG) den Workshop virtuell (beg)leiten. Vor Ort wird die Umsetzung von Eva Egermann und Eliah Lüthi unterstützt.
Die Sickness Affinity Group (SAG) (Krankheitsbezugsgruppe) besteht aus Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen mit chronischer Krankheit, Behinderung und jenen, die Arbeit rund um Themen von Zugänglichkeit im Kunstfeld arbeiten. Sickness Affinity Group ist eine Selbsthilfegruppe, die sich den wettbewerbsorientierten und konkurrenzbasierten Arbeitsmodi im Kunstfeld widersetzt, indem sie Erfahrungen austauscht und Informationen weitergibt und das Wohlbefinden und die Zugangsbedürfnisse ihrer Mitglieder voranstellt. Die Sickness Affinity Group betreibt eine offene Mailingliste und organisiert alle zwei Monate offene Treffen.
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Abendveranstaltung
Mit der Vorstellung des Crip Magazines und beHindert & verRückt Worte_Gebärden_Bilder finden gibt es im Rahmen der Abendveranstaltung die Möglichkeit zwei weitere Projekte kennenzulernen.
Einen Abschluss des Symposiums und gleichzeitigen Auftackt für viele weitere Bündnisse bildet eine Podiums- und Publikumsdiskussion zu transdisziplinären und kollektiven Praktiken zwischen Wissenschaft, Kunst und Aktivismus mit Nina Mühlemann (Criptonite), Eliah Lüthi (Akademie der Univernunft) und Eva Egermann (Crip Magazine).
Das Crip Magazine von Eva Egermann
Das Crip Magazine ist ein selbstpubliziertes Crip Kunst/Kultur Magazin und eine Sammlung von Materialien zu Crip-Themen, -Kunst- und -Kulturproduktion. Das Magazin umfasst Beiträge von Künstler*innen und Autor*innen die sich mit normkritischen Themen beschäftigen. Die dritte Ausgabe des Crip Magazine wurde im Rahmen der Bergen Assembly produziert. Das Cover zeigt das Foto einer Performance der Künstler*in Lorenza Böttner. http://cripmagazine.evaegermann.com/
Eva Egermann ist Künstlerin und lebt in Wien. Sie arbeitete in unterschiedlichsten Medien und Kollaborationen. Neben künstlerischen Projekten sind Publikationen und kuratorische Projekte entstanden. Seit 2011 gibt sie das „Crip Magazines“ heraus. Sie ist derzeit PhD in Practice Teilnehmerin an der Akademie der Bildenden Künste. Sie hat sehr viele Ausstellungen gemacht und an Universitäten (in Wien, Innsbruck, Luzern oder Kassel) unterrichtet; ist seit 2018 Mitglied im Kernteam des Forschungsnetzwerks „Disability Studies Austria“.
Worte_Gebärden_Bilder finden von Eliah Lüthi/ Akademie der Unvernunft
BeHindert & verRückt Worte_Gebärden_Bilder finden ist ein Buch- und Online-Projekt, herausgegeben von Eliah Lüthi. Es verbindet 42 Beiträge von 28 Bild-, Gebärden-, Ton- und Schriftstellens, die als autobiographische und fiktionale Erzählungen, Gedichte, Kurzgeschichten, Bilder und Klänge selbstbestimmte Worte_Gebärden_Bilder für sich und Welt suchen und finden. Dabei eröffnen die Beiträge liebevoll, empowernd, poetisch, humorvoll, zärtlich und wütend neue Wege und Wahrnehmbarkeiten. Die Veröffentlichung des Buches im Sommer 2020 wird ergänzt durch ein Begleitprojekt in Audio und Gebärdensprache auf der barrierefreien virtuellen Bibliothek bidok – behinderung inklusion dokumentation. http://bidok.uibk.ac.at/projekte/worte-gebaerden-bilder-finden.html
Eliah Lüthi liebt es Welten, Verständnisse und Wahrnehmungen zu ent_rücken und ent_hindernde T_Räume zu gestalten. Seit 2019 schreibt, performt, dichtet, kuratiert und workshoppt Eliah als Akademie der Unvernunft, verfasst eine Kolumne bei der KUPF-Zeitschrift der Oberösterreichischen Kulturplattform und promoviert zu Mad Studies an der Universität Innsbruck. https://akademie-der-unvernunft.org/